Samstag, 25. Dezember 2010

Die Bahn ist ein Scheißladen! Eine längere Weihnachtsgeschichte.

Es sollte Weihnachten kommen. Und zu Weihnachten steht der freudig erwartete Besuch bei der Familie an. Um nicht wieder acht Stunden lang im Zug auf dem eigenen Gepäck und dem fremder Leute rumzustehen, zu sitzen und zu liegen, habe ich mich tatsächlich frühzeitig Mitte Oktober aufgemacht, mir eine Zugfahrkarte ins Rheinland zu kaufen zusammen mit einer Platzreservierung. Schließlich bin ich ja nicht so blöde, Weihnachten mit einem Auto 600 km durch den Schnee und den Urlaubsverkehr zu fahren. Das Fest und die Reise sollen ja doch noch etwas Urlaubscharakter haben, bloß keinen Stress. Es war nicht leicht eine Reservierung zu bekommen, die Züge, die mir am besten gepasst hätten, waren schon alle ausgebucht. Aber es gab dann doch noch zwei Verbindungen so um Weihnachten herum, mit denen ich meine Festfahrt gestalten konnte und die kaufte ich für teuer Geld: jeweils 9 Mark pro Reservierung. Die blöde Kuh am Schalter hat mir nach dem Kauf noch eine schöne Fahrt gewünscht, wie es mir im nachhinein vorkommt mit einem ziemlich gehässigen Unterton. Wahrscheinlich wusste sie, was die Bahn für mich geplant hatte.


So nicht, Deutsche Bahn!

Die Bahn zeigte sich wirklich von ihrerer besten Seite. Neulich hat der Berliner Radiosender radio eins einmal einen Aufruf gestartet, man solle bei ihnen anrufen und sagen, dass man den Winter in Berlin doch nicht so furchtbar finde und wieso man das tue. Während ich noch überlegte, wieso ich den Winter und besonders den Winterdienst in Berlin nicht furchtbar finden sollte, riefen haufenweise Menschen (denke ich mal) dort an und lobten den Winter in Berlin in den höchsten Tönen. Ein Anrufer nannte als Grund für sein Lob, dass ja Schnee liege, es sei kalt aber die S-Bahn fahre. Ich war beeindruckt, offenbar gibt es Menschen, die es explizit lobenswert finden, wenn eine S-Bahn im Winter fährt. Wahrscheinlich rufen die auch, wenn es regnet, bei den Autobahnmeistereien an, um dort Loblieder auf die Autobahnen loszuwerden, weil die nicht weggespült werden. Anstatt mich aber darüber lustig zu machen, hätte ich es lieber als ein Omen nehmen sollen, dass man heutzutage dysfunktionale Verkehrsmittel alleine wegen ihrer bloßen Existenz bewundert (wohl weil kein anderer Grund übriggeblieben ist).

Am 21.12. war ich dann dran. Es fing an damit, dass ich für die Fahrt zum Fernbahnhof, eine Stecke von 4 S-Bahn-Stationen, die man laut Plan in ca. 15 Minuten hinter sich haben soll, tatsächlich ca. 60 Minuten brauchte: viel zu kurze S-Bahnen, die zu selten fuhren und demzufolge so voll waren, dass ich mit meinem Koffer nirgendwo reinpasste. Da hatte ich aber noch Oberwasser, mit so etwas hatte ich ja gerechnet, es lag schließlich Schnee und die S-Bahn-Ausrede von wegen:"Hilfe, da draußen ist Flugschnee, wir müssen sofort alles stilllegen!" kannte ich ja noch vom Vorjahr. Ich bin tatsächlich so aufgebrochen, dass ich bei funktionierendem öffentlichen Nahverkehr 90 Minuten vor Abfahrt meines Zuges angekommen wäre. So ein Zeitpuffer ist heutzutage notwendig, wenn man sich auf die S-Bahn verlässt. Diese Voraussicht führte dazu, dass ich wirklich noch vor der Abfahrt meines Urlaubszuges auf dem Bahnhof ankam. Die Deutsche Bahn mit ihrer Tochter S-Bahn Berlin hatte mich da noch nicht klein bekommen.

Wahrscheinlich hatte die Bahn ihrerseits aber damit gerechnet, dass ich mich vorbereitet hatte, sie hat ja schließlich riesige Planungsabteilungen, die sich auf so etwas spezialisieren. Und die wissen, was sie tun. Als ich ankam und mich freute, nochmal dem 8-stündigen Stehen von der Schippe gesprungen zu sein, sah ich, dass mein Zug natürlich verspätet war. Wäre ich zu spät gekommen, hätte das mit Sicherheit anders ausgesehen, so aber musste ich mich belehren lassen, dass mein Zug "aufgrund von Verzögerungen aus vorheriger Fahrt" 30 Minuten später abfahren sollte. Und siehe da: schon 60 Minuten nach dem regulären Abfahrtstermin lief mein Zug plötzlich ein. Nur dass es nicht mein Zug war. Die Bahn ist ja nicht blöde, sie hatte den Zugteil weggelassen, in dem ich einen Platz reserviert hatte. Der zweite Zugteil käme heute erst in Hamm dazu, oder auch nicht. Tut uns leid. Viel Spaß bis dahin! Tja, und aus war es! Die Deutsche Bahn hatte von der S-Bahn-Berlin gelernt und geschickt den Zug auf die Hälfte verkürzt. Bis Hamm in einem überfüllten Zug auf fremder Leute Koffern rumlungern und dort dann Schaffner anbetteln, wie man denn bitte, bitte, bitte weiterkommen könne, nach dort, wo man hinmüsse. Die Bahn hatte gewonnen, ich verloren. Ich stieg also ein, setzte mich auf einen Platz und wartete darauf, dass am Hauptbahnhof der glückliche Besitzer der Platzkarte mich wieder runterscheuchen würde. Ich hatte mich gefügt. Dort angelangt kam der Besitzer der Reservierung, scheuchte mich auch vom Platz aber es gelang mir nicht, auf den Gang zu kommen, denn der war voll: Menschen und Koffer und Kinder und Kinderwagen. Nach einer Viertelstunde am Hauptbahnhof, in der der Zug immer voller wurde, ertönten erste Durchsagen, der Zugleiter möge sich schnell melden. Schnell möge er sich bei dem Lokführer melden. Dringend! Dann kam die Durchsage, dass aufgrund eines Triebwerkschadens der Zug nicht weiterfahren könne und alle deswegen den Zug verlassen müssen. Dabei wäre das nicht nötig gewesen, ich hatte ja schon kapituliert!

Und so strömten dann alle Fahr-"Gäste" auf den Bahnsteig zurück. Alle! Wobei auf dem Bahnsteig schon andere Alle standen. Nach einer weiteren Viertelstunde des Herumlungerns auf dem Bahnsteig, auf dem sich nichts tat und wo jeder versuchte einen Schaffner aufzutreiben, vergeblich, denn die waren wohl in ihre Schutzbunker abgetaucht, kam ich auf die Idee, Bahnbedienstete zu fragen, die nicht wegrennen können, sobald sie einen Fahrgast sehen: im Infocenter. Das Infocenter hatte sich jedoch anders geschützt.

Man musste dort eine Nummer ziehen und dann warten, bis diese aufgerufen wurde; eine Praxis, die die Arbeitsagenturen wegen Verletzung der Menschenwürde gerade vor ein paar Jahren abgeschafft hatten. Nachdem ich dort 20 Minuten darauf gewartet hatte, zum Nummernautomaten vorzudringen erwachte kurzzeitig mein Widerstandsgeist. Warum eigentlich hier? Könnte ich es mir nicht einfacher machen? Spontan fuhr ich also zu meinem Ausgangsbahnhof per S-Bahn zurück. Damit hatte die Bahn nicht gerechnet. Die S-Bahn fuhr! Ein Hoch auf die S-Bahn. Trotz Schnee. Und so war ich dann ca. 2 Stunden nach offziellem Fahrtantrittstermin wieder bei meinem Ausgangspunkt, dem Ostbahnhof.

Hier gibt es auch ein Infocenter, die Angestellten dort versuchen auch sich mit einem Nummernautomaten zu schützen, aber vergeblich. Sie hatten schließlich alle Fahrgäste zum nächsten Bahnhof expediert, sodass man nun leicht an den Automaten herankam, um eine Nummer zu ziehen und sie nach 20 Minuten nicht anders konnten, als meine Nummer aufzurufen. Von einer freundlichen Dame erfuhr ich dann, dass ich ja jeden Zug nehmen könne, die Fahrkarte sei nicht zuggebunden. Meinen Einwand, dass die Reservierung es aber sei, ließ sie jedoch gelten und erklärte sich bereit, nach einem Zug zu suchen, der noch heute führe und der noch nicht völlig ausgebucht sei. Und siehe da, um 14:40 gabs tatsächlich noch etwas. Was für eine dumme Frage, wieso sollte der denn nicht fahren? Es war da 12:20.

Die Zeit verging wie im Fluge: McDonalds-Kaffe, LeCroBag-Schrippen, wieder McDonalds-Kaffee und bloß keinen Alkohol, schließlich brauchte ich meine ganzen Kräfte für die Fahrt. Um 14:20 beschloss ich, dass es Zeit sei, auf den gefrorenen Bahnsteig zu gehen und dort nach dem kommenden Zug auszuschauen. Und das erste, was mir dort ins Auge fiel, war die Anzeigetafel, die verkündete, der Zug, für den ich eine Platzreservierung hatte, fiele aus, wegen Triebwerkschadens. Der Zug fiele aus. Eine Ansage in 2 Sprachen und mit viel Freude im Minutentakt wiederholt. Zuerst dachte ich, meine Misanthropie triebe Scherze mit mir und gaukele mir Bahnscheußlichkeiten vor. Doch die penetrant wiederholte Ansage der Zugabsage brachte mich in die Wirklichkeit zurück. Kein Zug nach Köln! Geschweige denn Bonn! Bonn, ha ha! Diesmal gab es gar keinen Zug. Was tun? Nachdem der Trick mit dem Infocenter vorhin so gut funktioniert hatte, wollte ich ihn nun wiederholen. Also wieder runter und schnell eine Nummer gezogen.

Während ich also wieder wartete, bemerkte ich, dass es im Infocenter eine kleine, ca. DIN A3 große Anzeigetafel mit An- und Abfahrtzeiten gab. Dort durfte ich dann sehen, dass mein Zug ausfällt. Und just in dem Moment, in dem meine Nummer aufgerufen wurde, um 14:40, wechselte diese Anzeige auf "Gleis X, ICE irgendwas als Ersatz für den ausgefallenen ICE nach Köln, Abfahrt 14:40". Da hat die Bahn dann noch richtig einen draufgesetzt: Ein Ersatzzug für einen defekten Zug, der erst im Augenblick seiner Abfahrt angekündigt wird. Wie von Mehdorn erträumt. Da ich keine Möglichkeit sah, diesen Zug noch zu erreichen, -- man brauchte mehr als eine Minute vom Infocenter zum Bahnsteig -- folgte ich dem Aufruf meiner teuer erstandenen Nummer, wohl wissend, was ich da zu hören bekomme. "Sie müssen in die Züge auch schon einsteigen", giftete mich die Dame hinterm Infoschalter an. Mein Zug sei aber schon wieder ausgefallen, da könne ich nicht einsteigen. "Schließlich gibts einen Ersatzzug, den hätten Sie ja nehmen können." Der sei erstens mit Sicherheit ausgebucht, ich hätte keine Reservierung für diesen Zug und der sei erst zum Zeitpunkt seiner Abfahrt angekündigt worden, also schon längst weg. "Für den gibts keine Reservierungen und der hat außerdem Verspätung. Weil Sie so langsam sind is der aber jetzt schon bestimmt weg. Sie hätten ihn aber noch kriegen können." Ob sie denn, bitte, bitte, bitte, mir eine Reservierung für einen weiteren Zug in Richtung Bonn geben könne. "Da gibts erst wieder was um 16:40. Den müssen Sie dann aber auch wirklich nehmen. Geht aber nur bis Köln!" Ich wünschte zu diesem Zeitpunkt fast, ich sei einer der komisch sprechenden Leute mit Rucksack am Bahnhof, vor denen der Berliner Innensenator Körting neulich so wortgewandt warnte. Dann hätte ich jetzt eine Bombe dabei, für deren Verwendung ich zu diesem Zeitpunkt viele Ideen hatte.

Nachdem mich das Mehdorn-Grube-Schätzchen mit einer neuen Reservierung weggescheucht hatte ("Was soll die Frage? Wieso sollte dieser Zug denn ausfallen?"), verging die folgende Zeit nicht wie im Fluge, mehr wie im langsamen Stolpern. McDonalds-Kaffe. Und ich musste mich komisch von Unifomierten mit Uzis beäugen lassen, was ich da den ganzen Tag mit Rucksack und Koffer auf dem Bahnhof rumhinge.

Um 20 nach 4 war ich dann wieder auf dem gefrorenen Bahnsteig, um da völlig unüberrascht auf der Anzeigetafel lesen zu müssen, dass der Zug XY nach Köln ausfalle. Wieder wegen Triebwerkschadens, in fröhlichen, zweisprachigen Ansagen im Minutentakt. Die Bahn hatte mich ja nun mittlerweile allerdings dressiert. So bin ich nicht wie die Hälfte der wartenen Fahrgäste auf der Suche nach einem Schaffner oder nach Informationen vom Bahnsteig in Richtung Infocenter verschwunden, sondern trank wartend den letzten Rest meines Tees aus der Thermoskanne. Zweimal auf denselben Trick reinfallen? Was glaubt die Bahn denn, wer ich bin? Obwohl, das kann ich mir gut vorstellen, was die Bahn glaubt, das muss ich nicht so genau wissen. Nicht mit mir! Ich war mittlerweile schon über die Kapitulation hinaus. Und genau um 16:40, zur Abfahrtzeit des ausgefallenen Zuges, fuhr der Ersatzzug ein. Kaum stand er am Bahnsteig, wurde er auch schon angekündigt und ca. 2 Minuten, nachdem ich eingestiegen war, fuhr er schnell ab, damit nicht so viele andere Fahr"gäste" davon Wind bekommen.

Das Ende war, dass ich einen Sitzplatz hatte. Reservierungen gabs keine. "Nehmse bitte Rücksicht auf andere Fahrgäste". Angeblich sollte der Zug nach Köln fahren, laut Ansage am Bahnhof, die Anzeige innendrin verkündete aber die Fahrt nach Aachen Hbf. Das sorgte für lustige Gespräche unter den "Gästen".
"Muss ich in Hamm msteigen nach Köln?"
"Muss ich in Hagen umsteigen?"
"Oh super, Aachen! Muss ich ja gar nicht umsteigen. Ich hätte schon befürchtet, ich muss wieder in Dortmund umsteigen..."

Ich vertraute völlig auf die erste Ansage, mein MP3-Player hatte keinen Strom mehr und so versenkte ich mich in tiefe Meditation bis zur Ankunft in Köln. Bis 22:30.

Wie gut, dass man Familie hat, die ersparte mir weitere Strapazen, wie einen Zug in Richtung Bonn zu suchen und holte mich am Bahnhof in Köln ab. Die Welt ist nicht nur schlecht.

Das war eine Fahrt mit der Deutschen Bahn und S-Bahn, die gedauert hat von 8:00 morgens bis 22:30 für eine Strecke von Berlin bis Köln.

Ich wüsste gerne, was Mehdorn mittlerweile macht. Wo lebt er? Was arbeitet er? Obwohl, seine Arbeit ist mir egal, solange er nichts mit Dingen zu tun hat, die mich mittelbar betreffen. Wenn ich wüsste, wo er lebt, kaufte ich mir extra oft viele Eier, würde diese lange zu hause neben meiner Heizung aufbewahren und wenn Mehdorn dann dereinst am Pranger ausgestellt wird, so wie er es zutiefst verdient hat, führe ich dahin, mit dem Auto, und würde ihn mit allen verfaulten Eiern bewerfen, die ich bis dahin gesammelt hätte.

Mehdorn und Grube brennen hoffentlich zu hause die Weihnachtsbäume ab!

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