Sonntag, 2. Dezember 2012

Schlechte Musiker 1: Till Brönner

Mir gehen ja solche Dampfschwafler gehörig auf den Geist. Vielleicht ist es nicht ganz so leicht, Vernünftiges von sich zu geben, wenn einem ein Mikro in den Mund gehalten wird, ich kenne solche Situationen nicht. Aber als Musiker von Weltniveau sollte man doch besser wissen, was man sagt.

Till Brönner, von SPON als "Star-Trompeter" bezeichnet, wurde neulich (am 26.11.) von ebendiesem Magazin (*) zu diesem und jenem interviewt, wahrscheinlich als Teil irgendeiner Marketingcampagne, an der der Spiegel stillschweigend teilnimmt. Unter anderem wurde der Musiker zu Aussagen gedrängt über die Bedeutung des Jazz in der Welt, in Europa und in Deutschland, ein Rundumschlag, den Brönner versuchte mit Bedeutung zu füllen. Dabei sagt er dann auch so etwas:
Deutscher Jazz hingegen hat es nicht immer leicht. Das liegt sicher an unserer nicht unproblematischen Geschichte, aber auch an unserer eigenen Mentalität. Wir trauen uns nicht unsere eigenen Musiker stolz zu präsentieren [...]
Früher, in der Schule, fand ich diese Fragerei der Deutschlehrer ja immer furchtbar sinnlos, dieses ewige "Was will der Autor uns damit sagen?" Mittlerweile musste ich aber feststellen, dass offenbar etliche Leute viel öfter mit solchen Fragen hätten traktiert werden sollen. Was will Brönner uns damit sagen? Jazz aus Deutschland hat es nicht leicht, wegen unserer problematischen Geschichte?
  • Will er etwa damit andeuten, Jazz litte hierzulande noch unter dem Stigma, dass die Nazis Jazzmusik zu sehr gefördert und für ihre Zwecke instrumentalisiert hätten? Und damit will ja keiner was zu tun haben!
  • Oder will er sagen, dass wir hier noch alle so weit Nazis sind, dass wir immer noch rassistisch geprägte Vorbehalte gegen diese Negermusik hätten und deswegen Jazzmusik und - nicht zu vergessen - Jazzmusiker mit Nichtachtung diskriminierten?
  • Oder meint er gar andere Teile unserer Geschichte? Vielleicht die versuchte Ausrottung der Hereros? Oder die deutsche Militärkampagne in China anlässlich des Boxeraufstandes 1900? Oder vielleicht meint er die Inflation während der Weimarer Republik? Den Mauerbau? Den deutschen Herbst? Mauerfall? Strauß-, Flick- oder Parteispendenaffäre? Es gibt da einige nicht unproblematische Stellen in der deutschen Geschichte.
Schwer zu entscheiden, was der Interviewte meinte. Wahrscheinlich weiß er es selber nicht so genau und wollte seinen Worten nur etwas Tiefe verleihen. Ich vermute mal, Till Brönner hat irgendwann einmal mitbekommen, dass die gebildete Masse immer betreten schweigt, wenn jemand was mit Nazis sagt und er verwechselt "bedeutungsvoll" mit "bedeutungsschwanger". Also wollte er auch mal etwas bedeutungsvolles sagen, es ist aber nur etwas bedeutungsschwangeres geworden, irgendwas mit Nazis ...

Von Till Brönner und seiner Musik weiß ich nur, dass mich einmal auf einer Zugfahrt jemand minutenlang damit belästigte, er habe das neue Album mit Weihnachtsmusik von Till Brönner. Auf meine Erwiderung, dass ich mir irgendwie nicht vorstellen könne, Caspar Brötzmann mache Weihnachtsmusik, kam die beleidigte Antwort, dass ich da wohl was verwechseln würde, ich wurde dann aber den Rest der Fahrt in Ruhe gelassen.

Vielleicht tue ich Till Brönner ja Unrecht und er ist trotz Dampfschwafelei ein richtig  guter Musiker der interessante Jazz-Alben veröffentlicht. Ich werde es wohl nie erfahren.

Insofern: Danke Caspar Brötzmann!



* Hier gibts keinen Link zu dem Spiegel-Online-Artikel, weil die auch dieses neue Leistungsschutzrecht unterstützen. Wen's interessiert, was da auf SPON geschwafelt wird, der sollte sich dort selber durchwühlen. Ich will mich nicht strafbar machen, indem ich aus versehen zu viel zitiere und verlinke.

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