Montag, 8. März 2010
Gottschalk, die Klonin und Haribo
Und wieder ist die Radiowerbung schuld. Ich musste mir in den letzten Tagen frühmorgens öfters anhören, wie Thomas Gottschalk und ein Dunja-Rajter-Klon (Klonin ?) Werbefloskeln für Haribo abgeben. Haribo versucht offenbar zur Zeit gute Taten zu vollbringen und schickt zu diesem Zweck zwei altbewährte Show-Biz Hasen ins Gefecht. Haribo wolle für irgendeinen guten Zweck Geld spenden, sagen sie, aber nur soviel, wie die Haribo-Kunden selber zusammenbekämen. Zu diesem Zweck verprechen Gottschalk und Rajter, dass von jedem gekauften Paket Haribo-Zeug ein Cent für diese Gute Sache verwendet würde. Die so gesammelte Summe würde dann am Ende von Haribo verdoppelt. Und damit die Leute auch kaufen, ruft Gottschalk die Radiozuhörer dazu auf, "die eine Million vollzumachen".
Das klingt erst einmal gar nicht so übel. Die tun was! Auch der deutsche Mittelstand bringt sich ein! Westerwelle hat recht, das sind ja nicht nur gierige Geier, unsere Unternehmer. Ist ja schließlich viel Geld so eine Million; zwar nicht mehr das, was es mal war, aber nicht zu verachten. Und das ist wahrscheinlich sogar mehr Geld, als Haribo für diesen Werbespot mit dem Engagement von Thomas Gottschalk und dem Dunja-Rajter-Klon ausgegeben hat. Wir alle können uns an diesem guten Werk beteiligen, mit nur einem Cent!
Da mich aber Radiowerbung ärgert und besonders frühmorgens, ging ich nach ein paar dieser Spots davon aus, dass mit dieser demonstrativen Karitas von Haribo etwas nicht stimmen kann.
Wenn man mal von der von Gottschalk erwähnten Million ausgeht, die am Ende dabei rumkommen soll, dann soll die zur Hälfte aus der Tasche Haribos stammen, zur anderen Hälfte von den Kunden mit dem Kauf von Haribo-Zeug zu jeweils einem Cent pro Kauf erwirtschaftet werden. Um mit einem Cent pro Kauf auf 500.000 € zu kommen, müssen also wieviel Einheiten Haribo-Gemisch über die Ladentheken gehen?
Na?!
Richtig: 50.000.000. Es müssen fünfzig Millionen Tüten Haribo-Irgendwas verkauft werden, damit die so erzielten Cents zusammen 500.000 € ergeben. Das klingt doch richtig viel! Ich habe keine Ahnung wieviel Haribo sonst so verkauft, aber 50.000.000 Tüten Weingummi oder Colorado muss man erst mal essen. Wenn man dann weiterrechnet, stellt sich heraus, dass es Haribo schon interessieren könnte, 50.000.000 Tüten zu verkaufen. Eine Tüte Weingummi kostet ca. 90 Cent. Angenommen so eine Tüte kostet 10 Cent in der Herstellung und 50 Cent blieben beim Handel, dann verdient Haribo 30 Cent pro Tüte. Das macht dann 15.000.000 €, die durch diese Kampagne zusätzlich in die Geldtresore von Haribo gespült werden. Abzüglich natürlich der 500.000 €, die Haribo so großzügig auf das Geld der Kunden drauflegt bleiben also 14,5 Mio. €.
Mit einer Spende von 500.000 € plant Haribo also 14,5 Millionen € zu erwirtschaften. Wobei natürlich klar ist, dass Haribos vermeintlich Spende nicht von Haribo stammt, sondern auch von den Geldern der Kunden.
Es ist also keine gute Tat im eigentlichen Sinne, sondern nur eine für Haribo. Nichts mit Karitas sondern einfach reine, pure, FDP-mäßige Gier für die Haribo die Hilfsbereitschaft anderer Menschen instrumentalisiert. Und diese Instrumentalisierung wird durchgeführt mit den Stimmen von Thomas Gottschalk und der Dunja-Rajter-Klonin.
Das hat Dunja Rajter nun wirklich nicht verdient. Gottschalk aber wahrscheinlich schon.
Labels:
werbung
Sonntag, 14. Februar 2010
Sind wir reif für neue Radiowerbung?
Der Umzug ist glücklich erledigt, das Internet ist auch wieder repariert und nun steht dem wilden Veröffentlichen nichts mehr im Wege.
Werbung wurde hier in der Beschreibung erwähnt, nicht etwa weil ich gerne würbe, sondern weil Werbung etwas ist, das ich nicht meiden kann. Man kann ihr nicht aus dem Weg gehen, nicht wirklich wegsehen und noch viel weniger weghören. Ich wünschte mir manchmal, ich hätte zuklappbare Ohren, die mir hülfen, der Radiowerbung zu entgehen. So müsste ich eigentlich eilends zum Radio sprinten, es während der Werbung leiser drehen und dann wieder lauter machen, sobald die Gefahr vorüber ist. Das schaffe ich natürlich nicht oder wenn ich es schaffe, dann stelle ich es zu spät oder zu früh wieder laut. Bei zu spät sind die Nachrichten vorbei und zu früh macht die gesamte Übung vergeblich. So kommt es, dass ich dann tatsächlich Radiowerbung höre und darauf verzichte, alle 25 Minuten zwischen meinen Radios hin und her zu sprinten. Aus Rache für diese eigentlich unzumutbare Belästigung durch die Koksnasen, merke ich mir dafür bestimmte Werbeteile besonders um dann später auf keinen Fall das beworbene Produkt zu kaufen, zu benutzen, zu besuchen oder sonstwie damit zu tun zu bekommen.
Die Welt ist größer als das und man kann in ihr prima Fisch einwickeln.
PS: Ach ja, um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: "Wir" - also eigentlich sie - sind definitiv reif für neue Radiowerbung. Als Strafe, 24 Stunden am Tag, festgekettet an ihren Stühlen, ohne zuklappbare Ohren.
Werbung wurde hier in der Beschreibung erwähnt, nicht etwa weil ich gerne würbe, sondern weil Werbung etwas ist, das ich nicht meiden kann. Man kann ihr nicht aus dem Weg gehen, nicht wirklich wegsehen und noch viel weniger weghören. Ich wünschte mir manchmal, ich hätte zuklappbare Ohren, die mir hülfen, der Radiowerbung zu entgehen. So müsste ich eigentlich eilends zum Radio sprinten, es während der Werbung leiser drehen und dann wieder lauter machen, sobald die Gefahr vorüber ist. Das schaffe ich natürlich nicht oder wenn ich es schaffe, dann stelle ich es zu spät oder zu früh wieder laut. Bei zu spät sind die Nachrichten vorbei und zu früh macht die gesamte Übung vergeblich. So kommt es, dass ich dann tatsächlich Radiowerbung höre und darauf verzichte, alle 25 Minuten zwischen meinen Radios hin und her zu sprinten. Aus Rache für diese eigentlich unzumutbare Belästigung durch die Koksnasen, merke ich mir dafür bestimmte Werbeteile besonders um dann später auf keinen Fall das beworbene Produkt zu kaufen, zu benutzen, zu besuchen oder sonstwie damit zu tun zu bekommen.
Die letzte Werbung, die mir auf diese Weise im Gedächtnis blieb, war eine Werbung für "Welt kompakt". Eine Frauenstimme, etwas piepsig und leicht heiser, wie aus einem Bohlen-Casting, erzählt in einem betroffenen Tonfall irgendwelche vermeintlichen Wahrheiten. Der Tonfall soll wahrscheinlich Bedeutungsschwere suggerieren. Diese Suggestion ist nötig, denn die gesprochenen Texte selber ergeben nicht viel Sinn für die Allgemeinheit. Da wird z.B. behauptet, "wir" hätten so viele Freunde online, dass "wir" ein neues Wort für die "richtigen" bräuchten. Soweit ich das in meinem Umfeld beobachten kann, fällt von meinen Bekannten niemand unter dieses "wir". Mit "wir" können die Marketing-Koksnasen eigentlich nur sich selbst meinen. Dafür spricht auch ein anderer Text, in dem sie behaupten, "wir" - also eigentlich sie - telefonierten mit unseren - also dann ihren - Müttern und checkten dabei gleichzeitig E-Mails. Das mag zwar ein wenig unhöflich sein, wenn sie es denn tun, aber es rechtfertigt meiner Meinung nach auf keinen Fall den anklagenden Tonfall des Vortrags. Ebenfalls völlig neben dem Thema angeklagt wird die vermeintliche Verfehlung, dass "wir" unsere Lieblinge bei Facebook anmeldeten. Das habe ich zwar nur als Fußabtreter in der U-Bahn gesehen, hätte gesprochen aber mit Sicherheit auch diesen weinerlichen Tonfall. Da stellt sich mir die Frage, wer macht so etwas? Ich nicht und keiner der Menschen, die ich näher kenne. Wozu auch, die Viecher würden sich beim Einloggen ja doch immer nur vertippen.
Wer hält solche Dinge für so verwerflich, dass ihm dazu nur eine Lösung einfällt? Die Lösung ergibt sich aus dem weiteren Text der Werbung. Zuerst fragt die weinerliche Frauenstimme noch, ob "wir" - also wieder eigentlich sie - reif für eine neue Zeitung seien, dann erklingt wie aus dem Off eine markante, recht tiefe Stimme mit dem Duktus eines Predigers, die den Satz äußert: "Welt kompakt! Kurz, anders, gedruckt!" Das einzige, das Springer-Presse und Internet gemeinsam haben, ist ja, dass die Springer-Presse das Internet verbieten lassen will, weil das in seiner Gratis-Kultur immer bei der Springer-Presse klaute. Deswegen is z.B. die Seite des hamburger Abendblattes mittlerweile für normale Internetnutzer mit Gratis-Klau-Drang kostenpflichtig, für den Googlebot hingegen kostenlos einsehbar. Aber ansonsten? Was haben weinerlich vorgetragene Phrasen über das Internet mit einer schlechten Zeitung zu tun? Und warum müssen sich die Koksnasen daran erinnern, dass eine Zeitung gedruckt ist? Sie versprechen immerhin, die Zeitung sei kurz, aber ich schätze für mich wäre sie immer noch viel zu lang. Da lese ich lieber Bölls "Verlorene Ehre der Katharina Blum".
Wie üblich machen die Koksnasen mit dieser Kampagne nicht wirklich Werbung für eine Zeitung, sondern reden mehr von sich selbst. Sie verachten ihre Mütter, können nicht mit ihren Haustieren umgehen, wissen nicht mehr, was Freunde sind und fühlen sich offenbar völlig von der Moderne überfordert. Diese Dämonisierung von Mails und Internet passt dann aber nicht recht dazu, dass sie sich besonders hervorheben müssen, eine Zeitung sei gedruckt. Oder zumindest diese Zeitung sei gedruckt. Wahrscheinlich lesen sie selbst nur noch ihre I-Phone-Äpps, sodass etwas gedrucktes für sie ein echtes Alleinstellungsmerkmal ist. Leider kann ich dieses Produkt nicht weiter boykottieren, weniger als nie Springer-Presse zu lesen ist nicht möglich.
Die Welt ist größer als das und man kann in ihr prima Fisch einwickeln.
PS: Ach ja, um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: "Wir" - also eigentlich sie - sind definitiv reif für neue Radiowerbung. Als Strafe, 24 Stunden am Tag, festgekettet an ihren Stühlen, ohne zuklappbare Ohren.
Labels:
werbung
Sonntag, 10. Januar 2010
The Honeymoon Killers: "Les Tueurs de la Lune de Miel"
Ich musste umziehen, meine alte Wohnung wurde definitiv zu klein, kein Platz mehr für Bücher, Musik oder gar neue technische Spielzeuge. Der Umzug war aufwendig. Die gemessenen 40 Regalmeter Bücher entpuppten sich als trügerisch, da die Bücher dort teils quer gestapelt waren, teils in 2 bis 3 Reihen standen. Auch die CDs, die Musik, waren nicht das, was sie mir während der Planung erschienen. Waren bei der Planungsphase nur 2 CD-Ständer und ein ca. 80 cm breites Regalbrett als Aufbewahrungsort der CDs direkt sichtbar, stellte sich beim Einpacken aber heraus, dass es noch zahlreiche Depots gab, die sich dem offenen Blick entzogen hatten. Kurz gesagt, war es ungefähr die 3-fache Menge als geplant, die in den Kisten verstaut werden musste. Und da viele CDs sich versteckt gelagert hatten, war es kein Wunder, dass ich beim Einpacken auf Exemplare stieß, mit denen ich nie gerechnet hätte. So gab es zwei mal von Eric Marchand & Les Balkaniks "Pruna". Ich kann mich daran erinnern eine CD einmal nach langem Suchen bei Dussmann gefunden zu haben, aber wo die andere herkommt, will mir partout nicht einfallen. Die hat mir mit Sicherheit niemand geschenkt, diese Musik kennt niemand und würde auch niemand mögen.
Beim Einpacken meiner LPs sind ein paar alte, mir früher sehr teure LPs zum Vorschein gekommen, die ich lange nicht mehr gehört hatte und die ich am liebsten sofort aufgelegt hätte, wenn ich nicht in Vorwegnahme solch zeitraubender Sentimentalitäten als erstes meine Anlage abgebaut und verpackt gehabt hätte. Das Einpacken hat auch so schon lange gedauert, hätte ich jedes alte Schätzchen liebevoll in rührender Sentimentalität aufgelegt, wäre ich niemals im Leben aus dieser Wohnung rausgekommen. Beim Einpacken einer dieser LPs dachte ich mir (mal wieder): "Meine Güte, DIE musst du unbedingt nach den Umzug digitalisieren". Das war die LP von The Honeymoon Killers, "Les Tueurs de la Lune de Miel".
Beim Einpacken der CDs fiel mir dann doch tatsächlich in die Hände: The Honeymoon Killers, "Les Tueuers de la Lune de Miel" + Zusatzsongs. Da war ich dann wirklich baff. Wann hatte ich die denn gekauft? Und was waren das für zusätzliche Stücke? Live! Hilfe, mein Gedächtnis lässt anscheinend in dem Maße nach, in dem meine Kaufwut seltene Musikschätze aus dem Internet an Land zieht. Eine CD konnte man beiseite legen, schnell mal für den MP3-Player kopieren und am nächsten Tag mit zu den Büchern packen.
Das war wirklich die CD der LP mit ein paar Stücken mehr. Es gibt die "National 7", "Rush", "Fonce à mort" und all die anderen Musikstücke, die ich früher so genial fand und -- sehr erstaunt -- immer noch wunderbar finde. Franko-belgischer New-Wave-Punk, das war großartig und ist es heute noch. Leider musste ich im Text zu der CD lesen, dass der Sänger offenbar kurz nach dieser einzigen LP der Band den Weg aller Sänger gegangen ist, die berühmt werden wollen, er ist bei einem tragischen Unfall verstorben. Das würde erklären, warum ich nie wieder etwas von den Honeymoon Killers gehört hatte.
Ich verstehe diese Texte heute leider nicht viel besser als früher, aber nachsehen, was "bajouiller" heißt, musste ich nicht mehr, das kannte ich noch von früher. Es gibt bei youtube ein Video der Honeymoon Killers, das sieht furchtbar aus. Das sieht aus, wie das schlimmste der 80er Jahre und der 70er dazu. Wenn man aber die Auge zumacht und nur hört, dann wird man feststellen, die sahen damals alle ziemlich scheiße aus, wussten es nicht und waren auch noch stolz darauf, die Musik war aber viel besser als fast alles, das heute aus dem Radio schleimt. Und das kann man dann in anderen Videos sehen und hören:
Die Live-Zusatzsongs machen mir Bauchschmerzen. Ich neige normalerweise nicht dazu, verschwundenen Gelegenheiten hinterherzutrauern, aber diese beide Live-Stücke hauen mich vollkommen von den Socken, so sehr, dass ich mich wirklich ärgere, früher zu jung gewesen zu sein, um zu einem der Livekonzerte der Honeymoonkillers gefahren zu sein. Ich hätte damals tatsächlich nicht hinfahren können, egal, wohin sie zu einem Konzert gekommen wären. Aber so wie sie klingen, hätte man sie sie unbedingt sehen müssen: Ein wenig wie Frank Zappa auf belgisch, wild frei und wütend, ich hätte niemals diese Musik als die Honeymoon Killers wiedererkannt. Die Live-Stücke klingen wie Free-Jazz-Punk, absolut großartig. Verpasste Gelegenheiten.
Für wenig Geld lässt sich aber dieser Schmerz, lassen sich diese zahlreichen verpassten Gelegenheiten etwas mildern, ein Stück weit wiederherholen:
The Honeymoon Killers, Les Tueurs de la Lue de Miel
Neu aufgelegt, mit Hörbeispielen, zum Nachhören und Nachfühlen, spontan aus meiner CD-Sammlung aufgetaucht
Labels:
musik,
the honeymoon killers
Samstag, 6. Juni 2009
Vielleicht das beste Blog bei blogspot
Auf meinem Arbeitsweg schleppt mich die letzten Meter ein altersschwacher Fahrstuhl in den 13. Stock. Die Fahrstuhlkabine ist schmucklos, in ihr hängt nur ein DIN-A3-Plakat in einem Rahmen mit Werbung, die mit wenigen Bildern und ein paar Sätzen irgendwelche Veranstaltungsorte, Kneipen, Resturants und Zoos anpreist. Ich glaube, effektiver kann man Werbung kaum plazieren: egal, wo man hinschaut, ob man seine Mitreisenden anstarrt, ob man krampfhaft auf den Boden schaut, irgendwann blickt jeder auf dieses Werbeplakat. Werbung will ja immer eine Reaktion bei den Betrachtern hervorrufen, will im Gedächtnis bleiben, bei dem Betrachter auf Knöpfe drücken. Bei mir funktioniert das in diesem Fahrstuhl recht gut. Folgender Werbespruch bewirkte bei mir wie auf Knopfdruck immer dieselbe Reaktion, wenn ich ihn im letzten Monat lesen musste. Auf
folgte bei mir wie maschinell, wie bei einem Automaten:
Das war ganz schön langweilig auf Dauer.
Ampelmann - vielleicht der beste Brunch in Mitte
folgte bei mir wie maschinell, wie bei einem Automaten:
Tja, vielleicht, wahrscheinlich aber nicht!
Das war ganz schön langweilig auf Dauer.
Dienstag, 28. April 2009
Oregon : Oregon
Ich verstehe nicht viel von Musik. Ich weiß eigentlich nur, wie man auf einer Gitarre einen e-moll-Akkord greift und wo auf einem Klavier die Tasten für C-Dur liegen. Aber trotz dieser musikalischen Unkenntnis gehört zu meinen liebsten Erinnerungen aus meiner Jugend das Anhören einer wirklich nicht unkomplexen LP: Oregon, von der großartigen Band gleichen Namens. Nachdem ich sie damals im Radio auszugsweise gehört hatte (ja, liebe Kinder, damals konnte man noch in einem ganz normalen Radioprogamm wie dem WDR 2 völlig abgedrehte aber lohnenswerte Musik hören, die es sonst nirgends gab -- aber, das will ja heute keiner mehr wissen und ist sowieso eine völlig andere Geschichte), ging ich im Erscheinungsjahr der LP 1983 in einen ganz normalen Plattenladen und kaufte mir dieses Wunderwerk vom mühsam ersparten Taschengeld.
Es ist definitiv Jazz, aber was für welcher? Classic, weil die Musiker ein klassisches Meisterwerk geschaffen haben und dabei laut Plattentext alte, geradezu bach'sche Spiel- und Kompositionstechniken benutzten? Oder Free-Jazz? Nein, free war das ganz und gar nicht, was da aus den Lautsprechern klang, auch wenn damalige Schulkameraden fluchtartig verschwanden, sobald man beim gemeinsamen Hausaufgabenmachen die LP auflegte oder die Eltern sich oft über das vermeintlich atonale Gekreische aufregten, das da aus dem Sohneszimmer dröhnte. Modern? Gut, modern war es sicher, aber klingt es nicht auch ein wenig nach einer Heuernte in einem idyllischen Dorf in der Renaissance? Nun, die Musik war auf jeden Fall nicht sehr gesellig, sie war auch nichts für die Mädchen zu den damaligen NDW-Zeiten, aber das machte nichts, weil man bei dieser Musik sowieso nichts anderes tun konnte als zuzuhören. Und so vergingen denn die Jahre. Anfang der 90er zerstörte ich bei einem absurden Bügelunfall diese wunderbare LP und Mitte der 90er fraß ein billiger Walkman die zugehörige Kassette.
Es ist definitiv Jazz, aber was für welcher? Classic, weil die Musiker ein klassisches Meisterwerk geschaffen haben und dabei laut Plattentext alte, geradezu bach'sche Spiel- und Kompositionstechniken benutzten? Oder Free-Jazz? Nein, free war das ganz und gar nicht, was da aus den Lautsprechern klang, auch wenn damalige Schulkameraden fluchtartig verschwanden, sobald man beim gemeinsamen Hausaufgabenmachen die LP auflegte oder die Eltern sich oft über das vermeintlich atonale Gekreische aufregten, das da aus dem Sohneszimmer dröhnte. Modern? Gut, modern war es sicher, aber klingt es nicht auch ein wenig nach einer Heuernte in einem idyllischen Dorf in der Renaissance? Nun, die Musik war auf jeden Fall nicht sehr gesellig, sie war auch nichts für die Mädchen zu den damaligen NDW-Zeiten, aber das machte nichts, weil man bei dieser Musik sowieso nichts anderes tun konnte als zuzuhören. Und so vergingen denn die Jahre. Anfang der 90er zerstörte ich bei einem absurden Bügelunfall diese wunderbare LP und Mitte der 90er fraß ein billiger Walkman die zugehörige Kassette.
Ich konnte die Platte nicht mehr wiederfinden und meine halbherzigen Versuche, sie in irgendwelchen vermeintlichen "Spezialläden" zu bestellen oder gar zu kaufen, schlugen alle fehl. Dann wurde das Internet erfunden, das IP-Protokoll HTTP und die Online-Shops wie Amazon. Und vor ungefähr zwei Monaten stellte ich fest, dass auf einmal die Suche nach Oregon Oregon nicht mehr vergeblich war. Es gab sie wieder! Als CD! Neuauflage von ECM-Klassikern! Gut, die Verpackung ist schon recht peinlich, eine einfache Papphülle, in die die CD lieblos eingesteckt ist. Als Cover musste das verkleinerte Original-Cover herhalten. Aber, meine Güte, das ist alles egal! Ich hab sie wieder - neu!
Mittlerweile weiß ich auch, was das für Musik ist. Es ist Synästhesie für Dysästhetiker (oder wie immer auch letztere heißen mögen). "The Rapids" zeigen dem Hörer wirklich einen munteren Bach mit Stromschnellen. Man hört das Wasser plätschern und fühlt die Spritzer auf der Haut, die Sonne scheint und im Aerosol über besonders lebhaften Stellen des Baches kann man andeutungsweise Regenbogen erkennen. Bei "There Was No Moon That Night" ziehen in einer Neumondnacht einige Wolken an den Sternen vorbei und irgendwie riecht es nach beginnendem Herbst. Nur "Impending Bloom" will keine rechte Vorstellung von schweren, riesigen Blüten aufkommen lassen, die sich langsam und majestätisch öffnen. Dafür kann ich dabei den Rhythmus immer noch nur fast mitklatschen.
Ich hab' sie wieder - neu! Und kann sie allen nur zutiefst empfehlen und wärmstens ans Herz und ans Ohr legen:
Mittlerweile weiß ich auch, was das für Musik ist. Es ist Synästhesie für Dysästhetiker (oder wie immer auch letztere heißen mögen). "The Rapids" zeigen dem Hörer wirklich einen munteren Bach mit Stromschnellen. Man hört das Wasser plätschern und fühlt die Spritzer auf der Haut, die Sonne scheint und im Aerosol über besonders lebhaften Stellen des Baches kann man andeutungsweise Regenbogen erkennen. Bei "There Was No Moon That Night" ziehen in einer Neumondnacht einige Wolken an den Sternen vorbei und irgendwie riecht es nach beginnendem Herbst. Nur "Impending Bloom" will keine rechte Vorstellung von schweren, riesigen Blüten aufkommen lassen, die sich langsam und majestätisch öffnen. Dafür kann ich dabei den Rhythmus immer noch nur fast mitklatschen.
Ich hab' sie wieder - neu! Und kann sie allen nur zutiefst empfehlen und wärmstens ans Herz und ans Ohr legen:
Oregon, Oregon. 1983, ECM 1258; 2008, ECM Records (Universal)
Abonnieren
Posts (Atom)