Mittwoch, 17. März 2010

Was klingelt und kommt von oben?

Radfahren ist in dieser Stadt relativ leicht. Es gibt keine Berge, die Straßen sind breit und bis man die Grund- und Endmoränen hier für gebirgige Hindernisse hält, muss man schon einige Zeit hier wohnen. Die Geografie spricht also dafür, hier Rad zu fahren, die Lage der Radwege macht es dagegen schwierig. Einige der Straßen sind mit Radwegen ausgestattet, manchmal werden die Radfahrer rechts an den parkenden Autos vorbeigeleitet, meistens müssen sie sich links von ihnen durch den Verkehr mogeln. Die breiten Bürgersteige haben die Stadtplaner dazu gebracht, die Radwege in vielen Fällen ebendorthin zu verlegen. Aus diesen verschiedenen Wegetopografien ergeben sich unterschiedliche Gefahrensituationen für einen Radfahrer.

Wenn man auf den Straßen mitfahren muss, besteht die größte Gefahr darin, dass ein Autofahrer plötzlich die Tür öffnet und den Radfahrer mit verblüfftem Gesicht ansieht, darauf wartend, dass der ihm entweder in die Tür und sein Gesicht knallt oder bei dem Versuch nach links auszuweichen elegant von dem nächsten PKW erlegt wird. Auch gerne gesehen wird das Überholen des Radfahrers kurz bevor das Auto rechts abbiegt. Da ist man als Fahrradfahrer gut beraten, eine Federgabel am Vorderrad zu haben, die den Schwung so weit abfängt, dass man nicht direkt vorneüber fällt beim Bremsen. Sobald es dunkel wird, machen diese Übungen dem Autoverkehr offenbar nochmal so viel Spaß.

Wird man rechts an den parkenden Autos vorbeigeleitet, besteht wieder die akute Gefahr, dass ein Autoinsasse aussteigen will. Beifahrer oder Mitfahrer auf dem Rücksitz eines Wagens sehen sich niemals um, bevor sie aussteigen, wozu auch? Solche Radwege sind oft so breit, dass man sie vollkommen absperren kann, indem man bei einem parkenden Auto die Beifahrertür öffnet. Meist werden diese Radwege noch auf der rechten Seite von einem Bordstein begrenzt oder einem Grünstreifen aus Bäumen und Dornengestrüpp. Nach rechts auszuweichen ist dann unmöglich und man fährt am besten so, dass man innerhalb eines Meters zum Stehen kommen kann. Diese Radwege teilen sich eine weitere Gefahr mit den Radwegen, die auf Bürgersteigen angelegt wurden.

Bürger sind die wichtigsten Personen in einer Stadt. Ohne Bürger keine Stadt. Ihr Vorrecht ist es, auf extra für sie angelegten, breiten, bequemen Steigen durch die Stadt zu flanieren. Und es ist nur verständlich, dass Bürger sehr ungehalten reagieren, wenn rüpelhafte Radfahrer versuchen, ihnen diese Wege streitig zu machen. Jetzt hat aber jemand die Stadtplaner dazu gebracht, auf vielen dieser Bürgersteige einen ca. 1,5 Meter breiten Streifen zu markieren (meistens in Rot mit weißen Rändern) und ihn somit als Radweg auszuweisen. Das ist natürlich für Bürger nicht direkt ersichtlich und somit ergibt sich für den Radverkehr daraus eine Gefahr, die auch bei der vorgenannten Art Radwege auftritt. Der Bürger freut sich über die Streifen, hält sie für Richtungsweiser und wandelt selbstvergessen wie automatisch geleitet auf ihnen herum. Wenn ein Radfahrer einen Bürger auf einem Steig irgendwie unentschlossen dahingehen sieht, so muss der Radfahrer damit rechnen, dass dieser Bürger spontan mit einem Satz auf den markierten Radweg springt und dann dort zielsicher einherschreitet, sobald man sich seiner Position genähert hat. Auch hier sind wieder gute Bremsen und eine Federgabel von Nutzen. Eltern lassen ihre Kinder gerne auf den roten Markierungen spielen, offenbar sind diese sehr vertrauenerweckend. Vielleicht liegt das daran, dass Kinder auf dem roten Untergrund gut auffallen und Eltern somit ihren Nachwuchs fast automatisch im Auge behalten. Daraus ergibt sich eine weitere Gefahr für den Radverkehr auf Bügersteigen. Ist man aus egal welchen Gründen als Radfahrer gezwungen, den markierten Streifen zu verlassen und den puren Bürgersteig zu befahren, so kommt es zu spontanen Autodafés durch die Bürger. Eltern kreischen und greifen zu allen ihnen zugänglichen Waffen, Hunde und auch Polizisten werden gehetzt auf den so marodierenden Radfahrer. Kleine Häuflein kalzinierter Knochen und Asche, die später auf die Radwege zurück geschoben werden, geben Zeugnis von solchen Vorkommnissen. In diese Häuflein sind oft noch Scherben untergemischt, als Mahnung und Lehre für die Radfahrer.

Es gibt aber Bürgersteigbenutzer, über die man nicht so hart urteilen darf, da sie aus Regionen stammen, in denen das Phänomen eines Radweges vollkommen unbekannt ist. Dabei handelt es sich um Touristen, die besonders gerne den Komfort der roten Streifen mit weißen Rändern nutzen, um durch die Stadt zu navigieren. Auf solch einem markierten Steifen kann man tatsächlich sich die gesamte Umgebung ansehend einherwandeln, ohne bewusst auf den Weg achten zu müssen; der Streifen leitet sie einfach weiter. Auf dem 20 Meter breiten Bügersteig daneben verliefe man sich nur. Dass solchen Menschen in Panik verfallen, wenn sie eine Fahrradklingel hören, ist verständlich und sollte beim Radfahren immer bedacht werden. Wenn ein Radfahrer die Klingel vor Touristen betätigt, beschwört er damit unvorhersehbares, chaotisches Verhalten herauf. Die Touristen können stehenbleiben, beiseitespringen, ohne zu schauen nach hinten hüpfen, sich mit ausgebreiteten Armen im Kreis drehen oder gar mit Koffern um sich werfen und umfallen. Sinnvoll ist es in einem solchen Fall, still und leise auf dem Bürgersteig an den Touristen vorbei zu huschen, allerdings nur nachdem man sich versichert hat, dass keine Bürger mit Heugabeln, Fackeln, Hunden und Polizisten in Sichtweite sind.

Die bemerkenswerteste Reaktion, die ich je mit einer Radklingel hervorgerufen habe, war im letzten Jahr bei einer asiatischen Familie. Auf einem Radweg entlang der Kurfürstenstraße, spazierten Mann, Frau und jugendliche Tochter fröhlich zusammen einen Stadtplan studierend dahin. Als ich mich ihnen von hinten näherte und klingelte, blieben alle drei stehen und schauten suchend in unterschiedliche Richtungen nach oben. Seitdem frage ich mich, in welchem asiatischen Land gibt es etwas, das klingelt und kommt von oben?

Montag, 8. März 2010

Gottschalk, die Klonin und Haribo

Und wieder ist die Radiowerbung schuld. Ich musste mir in den letzten Tagen frühmorgens öfters anhören, wie Thomas Gottschalk und ein Dunja-Rajter-Klon (Klonin ?) Werbefloskeln für Haribo abgeben. Haribo versucht offenbar zur Zeit gute Taten zu vollbringen und schickt zu diesem Zweck zwei altbewährte Show-Biz Hasen ins Gefecht. Haribo wolle für irgendeinen guten Zweck Geld spenden, sagen sie, aber nur soviel, wie die Haribo-Kunden selber zusammenbekämen. Zu diesem Zweck verprechen Gottschalk und Rajter, dass von jedem gekauften Paket Haribo-Zeug ein Cent für diese Gute Sache verwendet würde. Die so gesammelte Summe würde dann am Ende von Haribo verdoppelt. Und damit die Leute auch kaufen, ruft Gottschalk die Radiozuhörer dazu auf, "die eine Million vollzumachen".

Das klingt erst einmal gar nicht so übel. Die tun was! Auch der deutsche Mittelstand bringt sich ein! Westerwelle hat recht, das sind ja nicht nur gierige Geier, unsere Unternehmer. Ist ja schließlich viel Geld so eine Million; zwar nicht mehr das, was es mal war, aber nicht zu verachten. Und das ist wahrscheinlich sogar mehr Geld, als Haribo für diesen Werbespot mit dem Engagement von Thomas Gottschalk und dem Dunja-Rajter-Klon ausgegeben hat. Wir alle können uns an diesem guten Werk beteiligen, mit nur einem Cent!

Da mich aber Radiowerbung ärgert und besonders frühmorgens, ging ich nach ein paar dieser Spots davon aus, dass mit dieser demonstrativen Karitas von Haribo etwas nicht stimmen kann.

Wenn man mal von der von Gottschalk erwähnten Million ausgeht, die am Ende dabei rumkommen soll, dann soll die zur Hälfte aus der Tasche Haribos stammen, zur anderen Hälfte von den Kunden mit dem Kauf von Haribo-Zeug zu jeweils einem Cent pro Kauf erwirtschaftet werden. Um mit einem Cent pro Kauf auf 500.000 € zu kommen, müssen also wieviel Einheiten Haribo-Gemisch über die Ladentheken gehen?

Na?!

Richtig: 50.000.000. Es müssen fünfzig Millionen Tüten Haribo-Irgendwas verkauft werden, damit die so erzielten Cents zusammen 500.000 € ergeben. Das klingt doch richtig viel! Ich habe keine Ahnung wieviel Haribo sonst so verkauft, aber 50.000.000 Tüten Weingummi oder Colorado muss man erst mal essen. Wenn man dann weiterrechnet, stellt sich heraus, dass es Haribo schon interessieren könnte, 50.000.000 Tüten zu verkaufen. Eine Tüte Weingummi kostet ca. 90 Cent. Angenommen so eine Tüte kostet 10 Cent in der Herstellung und 50 Cent blieben beim Handel, dann verdient Haribo 30 Cent pro Tüte. Das macht dann 15.000.000 €, die durch diese Kampagne zusätzlich in die Geldtresore von Haribo gespült werden. Abzüglich natürlich der 500.000 €, die Haribo so großzügig auf das Geld der Kunden drauflegt bleiben also 14,5 Mio. €.

Mit einer Spende von 500.000 € plant Haribo also 14,5 Millionen € zu erwirtschaften. Wobei natürlich klar ist, dass Haribos vermeintlich Spende nicht von Haribo stammt, sondern auch von den Geldern der Kunden.

Es ist also keine gute Tat im eigentlichen Sinne, sondern nur eine für Haribo. Nichts mit Karitas sondern einfach reine, pure, FDP-mäßige Gier für die Haribo die Hilfsbereitschaft anderer Menschen instrumentalisiert. Und diese Instrumentalisierung wird durchgeführt mit den Stimmen von Thomas Gottschalk und der Dunja-Rajter-Klonin.

Das hat Dunja Rajter nun wirklich nicht verdient. Gottschalk aber wahrscheinlich schon.

Sonntag, 14. Februar 2010

Sind wir reif für neue Radiowerbung?

Der Umzug ist glücklich erledigt, das Internet ist auch wieder repariert und nun steht dem wilden Veröffentlichen nichts mehr im Wege.

Werbung wurde hier in der Beschreibung erwähnt, nicht etwa weil ich gerne würbe, sondern weil Werbung etwas ist, das ich nicht meiden kann. Man kann ihr nicht aus dem Weg gehen, nicht wirklich wegsehen und noch viel weniger weghören. Ich wünschte mir manchmal, ich hätte zuklappbare Ohren, die mir hülfen, der Radiowerbung zu entgehen. So müsste ich eigentlich eilends zum Radio sprinten, es während der Werbung leiser drehen und dann wieder lauter machen, sobald die Gefahr vorüber ist. Das schaffe ich natürlich nicht oder wenn ich es schaffe, dann stelle ich es zu spät oder zu früh wieder laut. Bei zu spät sind die Nachrichten vorbei und zu früh macht die gesamte Übung vergeblich. So kommt es, dass ich dann tatsächlich Radiowerbung höre und darauf verzichte, alle 25 Minuten zwischen meinen Radios hin und her zu sprinten. Aus Rache für diese eigentlich unzumutbare Belästigung durch die Koksnasen, merke ich mir dafür bestimmte Werbeteile besonders um dann später auf keinen Fall das beworbene Produkt zu kaufen, zu benutzen, zu besuchen oder sonstwie damit zu tun zu bekommen.

Die letzte Werbung, die mir auf diese Weise im Gedächtnis blieb, war eine Werbung für "Welt kompakt". Eine Frauenstimme, etwas piepsig und leicht heiser, wie aus einem Bohlen-Casting, erzählt in einem betroffenen Tonfall irgendwelche vermeintlichen Wahrheiten. Der Tonfall soll wahrscheinlich Bedeutungsschwere suggerieren. Diese Suggestion ist nötig, denn die gesprochenen Texte selber ergeben nicht viel Sinn für die Allgemeinheit. Da wird z.B. behauptet, "wir" hätten so viele Freunde online, dass "wir" ein neues Wort für die "richtigen" bräuchten. Soweit ich das in meinem Umfeld beobachten kann, fällt von meinen Bekannten niemand unter dieses "wir". Mit "wir" können die Marketing-Koksnasen eigentlich nur sich selbst meinen. Dafür spricht auch ein anderer Text, in dem sie behaupten, "wir" - also eigentlich sie - telefonierten mit unseren - also dann ihren - Müttern und checkten dabei gleichzeitig E-Mails. Das mag zwar ein wenig unhöflich sein, wenn sie es denn tun, aber es rechtfertigt meiner Meinung nach auf keinen Fall den anklagenden Tonfall des Vortrags. Ebenfalls völlig neben dem Thema angeklagt wird die vermeintliche Verfehlung, dass "wir" unsere Lieblinge bei Facebook anmeldeten. Das habe ich zwar nur als Fußabtreter in der U-Bahn gesehen, hätte gesprochen aber mit Sicherheit auch diesen weinerlichen Tonfall. Da stellt sich mir die Frage, wer macht so etwas? Ich nicht und keiner der Menschen, die ich näher kenne. Wozu auch, die Viecher würden sich beim Einloggen ja doch immer nur vertippen.

Wer hält solche Dinge für so verwerflich, dass ihm dazu nur eine Lösung einfällt? Die Lösung ergibt sich aus dem weiteren Text der Werbung. Zuerst fragt die weinerliche Frauenstimme noch, ob "wir" - also wieder eigentlich sie - reif für eine neue Zeitung seien, dann erklingt wie aus dem Off eine markante, recht tiefe Stimme mit dem Duktus eines Predigers, die den Satz äußert: "Welt kompakt! Kurz, anders, gedruckt!" Das einzige, das Springer-Presse und Internet gemeinsam haben, ist ja, dass die Springer-Presse das Internet verbieten lassen will, weil das in seiner Gratis-Kultur immer bei der Springer-Presse klaute. Deswegen is z.B. die Seite des hamburger Abendblattes mittlerweile für normale Internetnutzer mit Gratis-Klau-Drang kostenpflichtig, für den Googlebot hingegen kostenlos einsehbar. Aber ansonsten? Was haben weinerlich vorgetragene Phrasen über das Internet mit einer schlechten Zeitung zu tun? Und warum müssen sich die Koksnasen daran erinnern, dass eine Zeitung gedruckt ist? Sie versprechen immerhin, die Zeitung sei kurz, aber ich schätze für mich wäre sie immer noch viel zu lang. Da lese ich lieber Bölls "Verlorene Ehre der Katharina Blum".

Wie üblich machen die Koksnasen mit dieser Kampagne nicht wirklich Werbung für eine Zeitung, sondern reden mehr von sich selbst. Sie verachten ihre Mütter, können nicht mit ihren Haustieren umgehen, wissen nicht mehr, was Freunde sind und fühlen sich offenbar völlig von der Moderne überfordert. Diese Dämonisierung von Mails und Internet passt dann aber nicht recht dazu, dass sie sich besonders hervorheben müssen, eine Zeitung sei gedruckt. Oder zumindest diese Zeitung sei gedruckt. Wahrscheinlich lesen sie selbst nur noch ihre I-Phone-Äpps, sodass etwas gedrucktes für sie ein echtes Alleinstellungsmerkmal ist. Leider kann ich dieses Produkt nicht weiter boykottieren, weniger als nie Springer-Presse zu lesen ist nicht möglich.

Die Welt ist größer als das und man kann in ihr prima Fisch einwickeln.

PS: Ach ja, um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: "Wir" - also eigentlich sie - sind definitiv reif für neue Radiowerbung. Als Strafe, 24 Stunden am Tag, festgekettet an ihren Stühlen, ohne zuklappbare Ohren.

Sonntag, 10. Januar 2010

The Honeymoon Killers: "Les Tueurs de la Lune de Miel"

Ich musste umziehen, meine alte Wohnung wurde definitiv zu klein, kein Platz mehr für Bücher, Musik oder gar neue technische Spielzeuge. Der Umzug war aufwendig. Die gemessenen 40 Regalmeter Bücher entpuppten sich als trügerisch, da die Bücher dort teils quer gestapelt waren, teils in 2 bis 3 Reihen standen. Auch die CDs, die Musik, waren nicht das, was sie mir während der Planung erschienen. Waren bei der Planungsphase nur 2 CD-Ständer und ein ca. 80 cm breites Regalbrett als Aufbewahrungsort der CDs direkt sichtbar, stellte sich beim Einpacken aber heraus, dass es noch zahlreiche Depots gab, die sich dem offenen Blick entzogen hatten. Kurz gesagt, war es ungefähr die 3-fache Menge als geplant, die in den Kisten verstaut werden musste. Und da viele CDs sich versteckt gelagert hatten, war es kein Wunder, dass ich beim Einpacken auf Exemplare stieß, mit denen ich nie gerechnet hätte. So gab es zwei mal von Eric Marchand & Les Balkaniks "Pruna". Ich kann mich daran erinnern eine CD einmal nach langem Suchen bei Dussmann gefunden zu haben, aber wo die andere herkommt, will mir partout nicht einfallen. Die hat mir mit Sicherheit niemand geschenkt, diese Musik kennt niemand und würde auch niemand mögen.

Beim Einpacken meiner LPs sind ein paar alte, mir früher sehr teure LPs zum Vorschein gekommen, die ich lange nicht mehr gehört hatte und die ich am liebsten sofort aufgelegt hätte, wenn ich nicht in Vorwegnahme solch zeitraubender Sentimentalitäten als erstes meine Anlage abgebaut und verpackt gehabt hätte. Das Einpacken hat auch so schon lange gedauert, hätte ich jedes alte Schätzchen liebevoll in rührender Sentimentalität aufgelegt, wäre ich niemals im Leben aus dieser Wohnung rausgekommen. Beim Einpacken einer dieser LPs dachte ich mir (mal wieder): "Meine Güte, DIE musst du unbedingt nach den Umzug digitalisieren". Das war die LP von The Honeymoon Killers, "Les Tueurs de la Lune de Miel".

Beim Einpacken der CDs fiel mir dann doch tatsächlich in die Hände: The Honeymoon Killers, "Les Tueuers de la Lune de Miel" + Zusatzsongs. Da war ich dann wirklich baff. Wann hatte ich die denn gekauft? Und was waren das für zusätzliche Stücke? Live! Hilfe, mein Gedächtnis lässt anscheinend in dem Maße nach, in dem meine Kaufwut seltene Musikschätze aus dem Internet an Land zieht. Eine CD konnte man beiseite legen, schnell mal für den MP3-Player kopieren und am nächsten Tag mit zu den Büchern packen.

Das war wirklich die CD der LP mit ein paar Stücken mehr. Es gibt die "National 7", "Rush", "Fonce à mort" und all die anderen Musikstücke, die ich früher so genial fand und -- sehr erstaunt -- immer noch wunderbar finde. Franko-belgischer New-Wave-Punk, das war großartig und ist es heute noch. Leider musste ich im Text zu der CD lesen, dass der Sänger offenbar kurz nach dieser einzigen LP der Band den Weg aller Sänger gegangen ist, die berühmt werden wollen, er ist bei einem tragischen Unfall verstorben. Das würde erklären, warum ich nie wieder etwas von den Honeymoon Killers gehört hatte.

Ich verstehe diese Texte heute leider nicht viel besser als früher, aber nachsehen, was "bajouiller" heißt, musste ich nicht mehr, das kannte ich noch von früher. Es gibt bei youtube ein Video der Honeymoon Killers, das sieht furchtbar aus. Das sieht aus, wie das schlimmste der 80er Jahre und der 70er dazu. Wenn man aber die Auge zumacht und nur hört, dann wird man feststellen, die sahen damals alle ziemlich scheiße aus, wussten es nicht und waren auch noch stolz darauf, die Musik war aber viel besser als fast alles, das heute aus dem Radio schleimt. Und das kann man dann in anderen Videos sehen und hören:




Die Live-Zusatzsongs machen mir Bauchschmerzen. Ich neige normalerweise nicht dazu, verschwundenen Gelegenheiten hinterherzutrauern, aber diese beide Live-Stücke hauen mich vollkommen von den Socken, so sehr, dass ich mich wirklich ärgere, früher zu jung gewesen zu sein, um zu einem der Livekonzerte der Honeymoonkillers gefahren zu sein. Ich hätte damals tatsächlich nicht hinfahren können, egal, wohin sie zu einem Konzert gekommen wären. Aber so wie sie klingen, hätte man sie sie unbedingt sehen müssen: Ein wenig wie Frank Zappa auf belgisch, wild frei und wütend, ich hätte niemals diese Musik als die Honeymoon Killers wiedererkannt. Die Live-Stücke klingen wie Free-Jazz-Punk, absolut großartig. Verpasste Gelegenheiten.

Für wenig Geld lässt sich aber dieser Schmerz, lassen sich diese zahlreichen verpassten Gelegenheiten etwas mildern, ein Stück weit wiederherholen:

The Honeymoon Killers, Les Tueurs de la Lue de Miel

Neu aufgelegt, mit Hörbeispielen, zum Nachhören und Nachfühlen, spontan aus meiner CD-Sammlung aufgetaucht

Samstag, 6. Juni 2009

Vielleicht das beste Blog bei blogspot

Auf meinem Arbeitsweg schleppt mich die letzten Meter ein altersschwacher Fahrstuhl in den 13. Stock. Die Fahrstuhlkabine ist schmucklos, in ihr hängt nur ein DIN-A3-Plakat in einem Rahmen mit Werbung, die mit wenigen Bildern und ein paar Sätzen irgendwelche Veranstaltungsorte, Kneipen, Resturants und Zoos anpreist. Ich glaube, effektiver kann man Werbung kaum plazieren: egal, wo man hinschaut, ob man seine Mitreisenden anstarrt, ob man krampfhaft auf den Boden schaut, irgendwann blickt jeder auf dieses Werbeplakat. Werbung will ja immer eine Reaktion bei den Betrachtern hervorrufen, will im Gedächtnis bleiben, bei dem Betrachter auf Knöpfe drücken. Bei mir funktioniert das in diesem Fahrstuhl recht gut. Folgender Werbespruch bewirkte bei mir wie auf Knopfdruck immer dieselbe Reaktion, wenn ich ihn im letzten Monat lesen musste. Auf
Ampelmann - vielleicht der beste Brunch in Mitte

folgte bei mir wie maschinell, wie bei einem Automaten:
Tja, vielleicht, wahrscheinlich aber nicht!

Das war ganz schön langweilig auf Dauer.
 

Ihr Browser versucht gerade eine Seite aus dem sogenannten Internet auszudrucken. Das Internet ist ein weltweites Netzwerk von Computern, das den Menschen ganz neue Möglichkeiten der Kommunikation bietet.

Da Politiker im Regelfall von neuen Dingen nichts verstehen, halten wir es für notwendig, sie davor zu schützen. Dies ist im beidseitigen Interesse, da unnötige Angstzustände bei Ihnen verhindert werden, ebenso wie es uns vor profilierungs- und machtsüchtigen Politikern schützt.

Sollten Sie der Meinung sein, dass Sie diese Internetseite dennoch sehen sollten, so können Sie jederzeit durch normalen Gebrauch eines Internetbrowsers darauf zugreifen. Dazu sind aber minimale Computerkenntnisse erforderlich. Sollten Sie diese nicht haben, vergessen Sie einfach dieses Internet und lassen uns in Ruhe.

Die Umgehung dieser Ausdrucksperre ist nach §95a UrhG verboten.

Mehr Informationen unter www.politiker-stopp.de.